EIN HERZ FÜR „ANGSTHASEN“
Im Interview mit Bob Grutters (Mental Dental BV) erzählt Carina Momm von ihrem Talent, ängstliche Patientinnen und Patienten beruhigen zu können.
BG: Frau Momm, seit wann sind Sie in der Praxis Dr. Hüren mit an Bord – und was hat Sie dazu bewogen, genau diese Praxis als Arbeitsstätte auszuwählen?
CM: Ich bin seit Anfang 2024 Teil des Teams. Tatsächlich hätte ich auch in etlichen andere Praxen im Umfeld von Mönchengladbach arbeiten können; es gab genügend Stellenanzeigen. In den Anzeigen hat sich aber nur eine einzige Praxis als „familienfreundlich und empathisch“ beschrieben, und zwar diese hier. Diese Schlüsselwörter haben mein Interesse geweckt. Deshalb habe mich zuerst nur hier beworben – tja, und bin direkt genommen worden.
BG: War die Selbstbeschreibung denn korrekt?
CM: Absolut. Wenn sich je eine Zahnarztpraxis als „empathisch“ bezeichnen durfte, dann die Praxis, in der wir hier stehen!
BG: Frau Momm, bei Menschen mit Zahnarzt-Angst wissen Sie genau, was Sie tun müssen, um den Betroffenen ihre Angst zu nehmen. Worauf kommt es dabei in erster Linie an?
CM: Zunächst einmal darauf, dass man in der richtigen Weise mit den Menschen spricht. Im Grunde ist es wie bei den Stellenanzeigen: Man muss den Leuten das Gefühl geben, dass sie hier genau richtig sind. Und dann muss man alles ganz genau erklären und begründen – das schafft Vertrauen. Deshalb ist das Behandeln von Angstpatientinnen und -patienten auch zeitintensiver als das Behandeln von Menschen ohne Zahnarztphobie.
BG: Also würden Sie sagen, dass Zeit ein wichtiger Qualitätsfaktor bei der Behandlung ist?
CM: Ja, denn das ist das, was der Patient direkt wahrnimmt und was er auch beurteilen kann: ob man sich bei der Behandlung Zeit für ihn nimmt. Von welcher Qualität die Behandlung ist, kann er nicht einschätzen; da fehlt ihm das Fachwissen. Aber er merkt natürlich, ob man sich für seine emotionale Verfassung interessiert oder ob man die Behandlung einfach nur „abfrühstückt“.
BG: Wie viel Zeit braucht man denn für eine gute Behandlung?
CM: Das kann man nicht pauschal beantworten. Die Devise lautet aber: Der Patient sollte möglichst wenig Zeit im Wartezimmer und dafür lieber mehr Zeit im Behandlungsraum verbringen.
BG: Warum?
CM: Weil die Zeit im Wartezimmer immer die schlimmste Zeit ist, insbesondere für Menschen mit Zahnarztangst. Im Wartezimmer ist man allein mit seinen Gedanken und Befürchtungen, und man hat keine genaue Vorstellung von dem, was kommt. Das ist eine sehr unangenehmen Situation. Wenn man dann aufgerufen wird, hat man zumindest schon mal jemanden vor sich, mit dem man reden kann. Und Reden ist ganz wichtig! Ich hatte erst heute wieder eine Angstpatientin, bei der man deutlich merken konnte, wie sie durch Reden und durch Fragenstellen ihre Angst abgebaut hat. Ich kannte die Patientin nicht, wusste aber aus unseren Unterlagen, dass sie Angst vor zahnärztlichen Behandlungen hat. Das vermerken wir intern. Ich hatte mich deshalb von vornherein auf eine Behandlung mit intensivem Austausch vorbereitet. Während der Behandlung habe ich ihr dann jeden einzelnen Schritt erklärt, und anschließend gab es noch eine Nachbesprechung.
BG: Wenn Sie bei der Behandlung schon alles erklärt haben – worum ging’s dann in der Nachbesprechung?
CM: Bei der Nachbesprechung ging es vor allem darum, die Angst vor der nächsten Behandlung zu reduzieren. Zahnarztangst entsteht durch Konditionierung, und sie ist nicht einfach aufzulösen. Das geht nur Schritt für Schritt. Oft stammt die Angst noch aus der Kinderzeit der Betroffenen; entsprechend tief ist sie verwurzelt.
BG: Haben denn so viele Kinder schlechte Erfahrungen in Zahnarztpraxen gemacht?
CM: Nein, aber Angst entsteht auch nicht nur aus schlechter Erfahrung. Wenn eine Mutter zu ihrem Kind sagt „Morgen hole ich dich von der Schule ab, und dann bringe ich dich zum Zahnarzt. Das ist gar nicht so schlimm, du musst keine Angst haben“, dann weckt das bei dem Kind schon Befürchtungen – verstehen Sie?
BG: Ja, klar. Letzte Frage, Frau Momm – was würden Sie tun oder ändern, wenn Sie Gesundheitsministerin wären?
CM: Ich würde sofort das Zwei-Klassen-System mit Privatversicherten einerseits und Kassenpatientinnen und -patienten andererseits abschaffen. Dieses System ist in meinem Augen nicht mehr mit einer fairen Gesundheitspolitik vereinbar. Dass privat Versicherte bei so gut wie jedem Arzt innerhalb weniger Tage einen Termin bekommen, während Kassenpatientinnen und -patienten oft monatelang auf einen Facharzttermin warten müssen, ist ein Unding. In unserer Zahnarztpraxis fragen wir deshalb erst nach der Terminvergabe nach der Versicherungsart. Das ist zum Beispiel auch etwas, was die Praxis Dr. Hüren auszeichnet.
BG: Frau Momm, vielen Dank für das Interview!